Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
IM BODETAL BIS ZUM BODEKESSEL                                                                                  04.07.2022 Den Montag mag ich, denn das Wochenende ist vorüber. Keine Touristenströme, keine Konzerte, die ein (Rock)Rentner besuchen könnte, sondern ein ganz normaler Arbeits- und Schultag (für andere). Sommerwetter ist angekündigt und ich schnüre meine Wanderschuhe. Diesmal wird es ein Besuch im Bodetal sein. In der schattigen Kühle und zum Rauschen des Flusses will ich etwas Entspannung und Abschottung vom Verwirrspiel der aufkeimenden anderen Zeitrechnung finden. Der Wald nimmt jeden auf, der Stille sucht und das Hetzen satt hat. Schon auf der Piste lockt von weitem ein Großpanorama vom Harz und Minuten später rollen wir in Thale ein. Wieder einmal und ich bin wanderlustig. Am Eingang des Tales, gleich hinter Villa Rosenburg, führt ein unscheinbarer schmaler Weg hinauf in den Hang. Nach wenigen Metern stolpern die Füße über Steine und Wurzeln. Der Harz hat uns fest in den Griff genommen. Je höher wir gehen, desto steiler fällt rechts der Hang zur Bode ab, ragen links Felsen steil nach oben. Überall stehen hohe Bäume im satten Grün und dazwischen alte Baumriesen, die wie Streichhölzer geknickt wurden. Immer wieder säumen auch Felsformationen den Weg, ragen steil hinauf oder versperren dem Wanderer die Sicht auf den nächsten Abschnitt, auf dem inzwischen angenehm zu wandern ist. Ganz weit oben, von hier nicht zu sehen, befindet sich das Plateau vom Hexentanzplatz. Heute jedoch ist das Gasthaus Königsruhe mit der steinernen Jungfernbrücke unser Ziel, das man vom Tanzplatz der Hexen gut sehen kann. Dort möchten wir „lecker Mittag essen“, so der Plan. Danach wollen wir am anderen Bodeufer wieder zurück zum Parkplatz gehen. Doch erst einmal führt der Weg weiter am Hang entlang. Zwischen Bäumen und Gesteinsbrocken ist die Bode unter uns zu sehen und manchmal, wenn sich die Baumkronen lichten, geben sie den Blick auf die steilen Felsformationen gegenüber, unterhalb der Rosstrappe, frei. Als wir auf halbem Wege unter uns die Jugendherberge erreicht haben, ragt über dem Hang der Aussichtspunkt vom Bodetor. Von da oben kann man weit in das Bodetal hinein blicken und natürlich auf dem Hexensteig weiter bis zum Bergtheater mit dem Harzeum und der Walpurgishalle aufsteigen. Danach ist mir heute ganz und gar nicht. Wir gehen am Taufelswaschbecken vorbei sowie weiter oberhalb der Bode entlang. An einer dafür geeigneten Stelle steige ich über felsiges Gestein bis runter zum Ufer der Bode. Hier kann man besonders gut das Rauschen und Glitzern des Wassers im Flussbett bestaunen, kann man sehen, wie es über Steine plätschert und das Sonnenlicht nasse Diamanten glitzern lässt. An diesen Stellen erlebt man die atemberaubende Schönheit der Natur im Bodetal, kann sie mit allen Sinnen einfangen. Das hat übrigens schon Meister Goethe auf genau diesem Weg getan. Ich liebe es, wie viele andere auch, hier zu sein und dem Spiel des Flusses zuzusehen. Schon bald schimmert es in roten und gelben Farben durch das Blätterdach über der Bode. Die ersten Anzeichen, dass das Gasthaus Königsruhe nah ist. Etwas später stehe ich auf der Jungfernbrücke und schaue dem Lauf der Bode talwärts nach. Dem Lauf entgegen kann man von hier nicht sehen, denn der Oberlauf des Flusses verschwindet hinter dem Gebäude des Gasthofes. Man kann nur ahnen, wie er sich durch das enge Tal windet und drängt. Statt weiter zu überlegen, suche ich ein Plätzchen am Wasser. Wir bestellen und holen uns dann zwei Würste vom Wild plus eine Waldmeisterlimonade im großen Glas. Montags ist hier wenig Betrieb, daher ruhig und sehr angenehm für (Rock)Rentner. Inzwischen sind reichlich zwei Stunden vergangen und eigentlich viel zu zeitig, schon den Heimweg in Richtung Thale anzutreten. Da erwacht das Interesse herauszufinden, wie es wohl hinter dem Gasthof aussehen mag. Ein Schild weist den Weg zur Teufelsbrücke und zum Bodekessel. Ein Blick, ein Nicken und los geht’s. Wir sind fit, die Gelenke gut geölt und die Lust auf Abenteuer noch nicht gestillt. Nun wollen wir wissen, wie der Lauf der Bode ein Stückchen weiter flussauf im Tal aussehen mag. Hinter dem Haus treten wir durch ein kleines Tor und finden uns sofort in einer beinahe anderen Welt, einem wilderen, ursprünglicher wirkenden Bereich des Bodetales wieder. Nur wenige Schritte bewirken einen ziemlichen Unterschied. Von nun an wandern wir zur Rechten größtenteils an der Felswand entlang. Es gibt aber auch Stellen am Hang, die von einer Unmenge Felsgestein übersät und vor Jahren hier abgebrochen sind. Schilder weisen auf diese Gefahr von Steinschlägen hin. Das Wechselspiel von Licht und von Schatten plus der Anblick von abgebrochenen Felsen, erzeugen zudem ein Gefühl von Respekt. Man bestaunt die hoch aufragenden felsigen Talwände, muss aber gleichzeitig auf den Weg achten, der durch viele Steine zu einer gefährlichen Stolperstrecke im Zwielicht geworden ist. Wahrscheinlich aus diesem Grunde, ist an solchen Abschnitten, auf der Talseite, ein Geländer angebracht. Aber es ist auch traumhaft schön und faszinierend einzigartig in dieser Stille, die nur das Rauschen des Wassers und des Windes kennt. Wir gehen immer tiefer in die nunmehr enge Schlucht hinein, über Brücken und an Felsvorsprüngen vorbei. Plötzlich versteht man, warum das Bodetal auch der „Grand Canyon des Harzes“ genannt wird. Dieses Gefühl davon bekommt man wirklich erst jetzt, weit weg von Hexentanzplatz und Rosstrappe, vermittelt. Mir scheint, dies ist der Harz, wie er schon vor langer Zeit war: urban und ungezähmt. Der Gedanke, dieses Tal von Treseburg bis Thale, die ganzen zehn Kilometer, wenigstens ein einziges Mal, vollständig zu durchwandern, setzt sich erneut in meinem Kopf fest. Immer wieder bleibe ich stehen, um die Felsformationen, die steilen Wände gegenüber und den rauschenden Fluss zu meinen Füßen zu bewundern. Verdammt, ist die Natur schön im Harz und was ein Geschenk, hier den Lebensabend verbringen zu dürfen! Als die Felswände links und rechts richtig nah aneinander gerückt sind, ist die Teufelsbrücke erreicht und damit auch die engste Stelle des Bodetals. Oberhalb ist ein  Felsen zu sehen. Der Sage nach soll von diesem Ort, der Teufelskanzlei, der Teufel zu den Hexen gesprochen  haben. Gut vorstellbar, dass mancher Wanderer beim Überschreiten der unscheinbare Konstruktion - unter ihm die tosende Bode, darüber der Felsen und etwas Himmel - auch heute noch ähnliche Gedanken haben könnte. Auf der Seite gegenüber verweilen die meisten, um ein Erinnerungsfoto auf der Brücke zu schießen, ehe sie ihre Wanderung, ganz gleich in welche Richtung, fortsetzen. Auch ich lasse mich ablichten, nehme mir dann aber viel Zeit, flussab und flussauf das Spiel des Wassers zu beobachten, es zu belauschen. Ich fühle mich stolz, bis hierher, und diesmal ganz ohne Wanderstab, gelaufen zu sein. Irgendwie bin ich eigenartig glücklich und entspannt, inmitten von purer Natur, und unterwegs auf dem holprigen Pfad entlang der Bode, gedanklich loslassen zu können. Noch einige Schritte aufwärts hinter der Brücke, dann stehe ich am Geländer und blicke in den brodelnden Bodekessel. Heute ist ein besonderer Tag für mich, denn ich fühle mich angekommen; im doppelten Sinne. Wir verweilen am Bodekessel, schauen in die Wasserwirbel, die durch das mitgeführte Geröll in langen Jahrtausenden die Steinmulde ausgescheuert haben. Auf diese Weise hat sich die Bode ihr Fließbett tief in das Felsgestein geschnitten und tut es immer noch. An frischen Ablagerungen kann man sehen, wie hoch auch heute noch das Wasser steigen würde, wenn es mal dicke kommt. Demut kommt auf, wenn man über das Geländer in den Kessel schaut und trotzdem hat so ein Spaßvogel das Geländer beschriftet: „Die NASA lügt! Die Erde ist flach.“ Nur einige Zentimeter weiter schaut man der Wahrheit direkt beim ständigen Verändern, von oben bis unten, zu. Mit einem Lächeln im Gesicht sehe ich nach oben und bestaune die (mindestens) einhundert Meter Höhenunterschied. Mir wird schwindlig von so viel „flach“. Zurück laufen die Füße wieder über die Teufelsbrücke, auf dem steinigen Holperweg langsam raus aus dem Tal. Das Geländer ist jetzt rechts und die brodelnde Bode darunter. Ich lasse mir Zeit, möchte die Stimmungen in mich aufsaugen, das beruhigende Rauschen im Tal konservieren. An diesem Ort kann man wirklich allen seelischen Ballast abwerfen – in die Bode damit! Die fließt am Gasthaus Königsruhe vorbei, schlängelt sich um den Felsvorsprung sowie unter der Jungfernbrücke hindurch. Wir tun es ihr gleich. Der Sage nach dürfte die steinerne Brücke nur von Jungfrauen betreten werden, sonst würde sie einstürzen. Ich denke, sie dürfte schon längst nicht mehr ihren Bogen über den Fluss spannen … Von nun an gehen wir gemächlich, folgen dem Lauf des Wassers. An einer geeigneten Stelle muss ich runter ans Ufer. Hier springt das Wasser über große Steinbrocken oder plätschert schmatzend durch die Zwischenräume. Die Äste der Bäume an beiden Seiten neigen sich tief herab, berühren fast schon das Wasser. Die Sonne malt ein Wechselspiel von Licht und Schatten hinzu. Eine Stelle von vielen, wo sich Wanderer zur Rast setzen. Wir tun es ihnen gleich, um der Magie des Ortes zu lauschen und eine kleine Steinfigur aufzuschichten, die man überall im Harz entdecken kann. Sie sagen: Ich war hier, es ist schön und vielleicht auch DANKE dem Harz. Als wir gehen, bleibt diese kleine Figur am Ufer zurück. Tschüß Bode, wir kommen wieder, denn wir haben noch etwas zu erledigen …